Künstlerinterview mit Leonel Perez

Datum: April 27, 2024 07:19

Du bist der Studierenden Kunstmarkt Künstler des Monats. Herzlichen Glückwunsch!



Wo studierst du und was?

 Ich studiere die Fächer Englisch und Kunst für das Lehramt Gymnasium und parallel dazu einen Bachelor für Anglistik an der Universität in Leipzig.




Möchtest du vielleicht einen kurzen Einblick geben, mit was du dich aktuell gerade beschäftigst?



Meine Kunst hat sich in den vergangenen Monaten viel mit dem Studienfeld des Orientalismus auseinandergesetzt. Im Mittelpunkt stand dabei der ikonoklastische Effekt Edward Saids 1978 veröffentlichtem Buch Orientalism. Der Begriff "Orientalismus" ist ein kritisches Konzept, das die im Westen übliche verächtliche Darstellung des Ostens, d. h. des Orients, beschreibt. Gesellschaften und Völker des Orients sind diejenigen, die in Asien, Nordafrika und dem Nahen Osten leben. Said argumentiert, dass der Orientalismus im Sinne der westlichen Wissenschaft über die östliche Welt untrennbar mit den imperialistischen Gesellschaften verbunden ist, die ihn hervorgebracht haben, was einen Großteil der orientalistischen Arbeit von Natur aus politisch und der Macht dienstbar macht. In meinen Bildern habe ich mir Stereotypische orientale Ölgemälde herausgesucht und sie zersetzt. Damit habe ich versucht Saids ikonoklastischen Effekt zu verbildlichen. Von dieser Umsetzung aus beschäftigen sich viele meiner momentanen Bilder mit einer ähnlichen Zersetzung des fe/male gaze sowie genderstereotypischen Paradigmen in der englischen sowie deutschen Literatur.

 


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Mit welchen Materialen und Techniken arbeitest du am liebsten?
 

Ich arbeite seit Beginn an mit Ölfarben und kann mir kein anderes Medium vorstellen. Die Farben tragen ich mit allen möglichen Sachen auf: Pinsel, Spachtel, Tücher, Lineal, manchmal Kleider, die mir nicht mehr gefallen – das passiert alles immer sehr spontan und ungeplant. 




Arbeitest du im Atelier oder zb auch „en plein air“ oder nach Modell?



Ein wirkliches Atelier habe ich nicht. Als ich vor ca. acht Jahren anfing zu malen geschah dies aus meinem Jugendzimmer heraus. Ich mochte es schlichtweg von der Schule nachhause zu kommen und gleich mit dem Malen anfangen zu können. Dieser Umstand entwickelte sich zu einer Gewohnheit. Heute male ich in meinem Wg-Zimmer, welches kaum Möbel oder Deko beinhaltet, da ich möglichst viel Raum für meine Kunst haben möchte. Überall ist Farbe: auf den Möbeln, dem Boden, an allen Klinken sowie auf eigentlichen allen Anziehsachen, die ich besitze. Ich arbeite und lebe sozusagen in meinen Ölfarben. 


Ich frage Künstler:innen immer, von wem sie inspiriert sind und sich Ideen holen. Gibt es da für dich jemand besonderen?



Ich habe sehr lange den norwegischen Künstler Henrik Uldalen verfolgt, welcher vor allem meine Vorliebe für das Zersetzen von Körpern bis heute prägt. In den vergangen drei Jahren habe ich mich mit so ziemliche allen popkulturellen Künstler*innen auseinandergesetzt und verschiedene Elemente von deren modus operandi entweder ausprobiert oder gar übernommen. Man denken hier an Steins linguistischen Ansatz in ihrem Gedicht Susie Asado, Polloks arbeiten auf dem Boden, Rothkos Schichtung von unzähligen Farbschichten, Basquiats intertextuelles Verfahren mit semiotischen Zeichen und so vieles mehr. 



Wie wählst du deine Bildmotive aus? Hast du immer ein bestimmtes Ziel vor Augen oder ist das eher eine Gefühlssache?
 

Meine Bildmotive entstehen meist in der Universität während einer Vorlesung. Mir ist es wichtig nicht aus einem Kunstkontext heraus Motive zu entwickeln, sondern diese in einer anderen Fachwissenschaft zu sehen und dann zu überlegen wie ich diese verbildlichen bzw. verkörpern kann. Sobald ich eine gewisse Vorstellung habe, fange ich an zu malen. Ein fertiges Bild(motiv) habe ich nie vor Augen – das würde mich schlichtweg langweilen.



Welche Themen beschäftigen dich schon länger?

Seitdem ich Pinsel und Ölfarben das erste Mal in die Hand nahm, beschäftige ich mich mit dem menschlichen Körper. Zu Anfangs im Rahmen des Naturstudiums sowie der Aktmalerei. Seitdem ich studiere, vermehrt im Kontext der Literatur- und Kulturstudien. Das betrifft dann vor allem Aspekte der gender performance sowie des Dialogs der Gender miteinander. Diese Bearbeitung geschieht diachron sowie synchron durch die Zeitgeschichte hinweg.

Wer sind die Personen, die du porträtierst? Oder entstehen diese eher im Kopf?

 Ich sehe mich da in der Tradition eines post-modernen Künstlers verortet. Meine Subjekte sind ausschließlich Referenzen von anderen Künstler*innen, da ich ein starker Verfechter der Intertextualität bin. 





Welchen Bezug hast du zum nackten Körper, einem Bildmotiv, welches immer wieder in deiner Arbeit auftaucht?



Beim nackten Körper geht es immer um Begriffe wie Scham, Moral, Schuld, Tabu und Leidenschaft. Ich denke meine Kunst oszilliert ebenfalls zwischen diesen Begriffen. Gleichzeitig empfinde ich, dass wir Nacktheit oft mit Verwundbarkeit assoziieren. Ich denke gerade bei Themen wie gender performance und dem Dialog der Gender miteinander sind das alles Emotionen, die natürlicherweise aufkommen. 

In der Kunstgeschichte gibt es eine lange Geschichte zu dem weiblichen Akt von alt-meisterischen Künstlern. 


Aus heutiger, kunstwissenschaftlicher Sicht wird diese Betrachtung auf Frauenkörper oftmals als sehr objektifizierend bezeichnet. Welche Annäherung hast du für dich gefunden, um dich mit diesem Thema zu beschäftigen?

 



Dieser Frage bin ich im Kontext des Orientalismus in meinem Kunstwerk „Exploring the (fe)male gaze“ nachgegangen. Ein wesentlicher Bestandteil des Orientalismus ist der (fe)male gaze. Dieser Blick auf den weiblichen Körper reduzierte weibliche gelesene Menschen in den vergangen Jahrhunderten auf bloße Objekte der Verführung. In meinem Kunstwerk habe ich versucht, oberflächliche Konnotationen des (fe)male gaze aufzulösen und mich auf das Abstraktere des menschlichen Wesens zu konzentrieren. Wenn der oberflächliche Blick verschwindet, bleibt die komplizierte Natur des Unbekannten. 



Dein Hintergrund ist meist unbearbeitet und die Figuren scheinen in der Luft zu schweben. Woher kommt diese Bildaufteilung?

 

Da ich mich oft mit abstrakten Themen auseinandersetze fühlt es sich nur richtig an meine Subjekte in eine Art imaginären Raum zu setzen. Farbe und Farbwirkung spielen dabei auch eine Rolle, jedoch versuche ich meine Auswahl unbewusst und intuitiv anzuwenden. Ich mag es, wenn mein Unterbewusst sein Teil meiner Bilder ist – es ist ja schließlich ebenso Teil unseres Denkens.

Wie würdest du deinen Stil bezeichnen?


 

Irgendwo zwischen Postmoderne und Popkultur habe ich mich verloren. Das ist mir ehrlich gesagt nicht so wichtig. Ich will eigentlich nur malen. 


Was machst du, wenn du nicht gerade malst? Womit beschäftigst du dich? Wenn ich nicht male, bin ich entweder am Studieren oder treffe mich mit meinen Freunden mit denen ich zusammen zwischen Park, Cossi, Bar, Club und Raves meine Zeit verbringe. Also was gefühlt jeder Studi in Leipzig macht.