Ikarus
Edition | Unikat |
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Technik | Malerei |
Höhe | 200 cm |
Breite | 100 cm |
Länge/Tiefe | 3 cm |
Sold
Material/Technik: Öl auf Leinwand
Entstehungsjahr: 2023
Ausstellung: Gruppenausstellung 'Youth for Art' in der Kunsthalle Bremen vom 21.10.22 bis zum 07.01.24
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„Ikarus“ ist eines der größten Gemälde meiner aktuellen „People“-Serie. Der Ikarus - Mythos, der dieses Gemälde in dessen Entstehung maßgeblich beeinflusst hat, ist in der Kunst- und Popkultur ein immer wiederkehrendes und in zahlreichen Variationen bearbeitetes Thema und für mich eine Geschichte von großer persönlicher Bedeutung. Er wird im Allgemeinen so interpretiert, dass der Sturz und darauffolgende Tod des Ikarus die Strafe der Götter für ihn sei, weil er in seinem Übermut der Sonne in einem Höhenflug zu nahe gekommen war. In einer anderen Interpretation jedoch, nämlich der des römischen Dichters Ovid, ließen die Götter Ikarus aus Rache an dessen Vater Dädalus sterben, weil dieser aus Neid auf dessen Fähigkeiten seinen eigenen Neffen und Schüler Perdix ermordet hatte. Dieses Thema, das Kind, welches für die Sünde seines Vaters sterben musste, diente als gedanklicher Ausgangspunkt für diese Arbeit.
Ovids Interpretation beweist somit aktuelle Relevanz, da auch unsere heutige Welt, auf unterschiedlichsten Ebenen, von einem sehr intensiven Generationendiskurs durchdrungen und geprägt ist. Es ist die jüngere Generation, die, genau wie Ikarus, die Konsequenzen der Sünden ihrer Vorfahren zu tragen hat und sich daher mit einer katastrophalen Zukunft konfrontiert sehen muss. Die momentan nicht vorhanden zu sein scheinende Bereitschaft für einen generationenübergreifenden Austausch auf Augenhöhe - für eine Gesellschaft von immenser Wichtigkeit - und die daraus resultierende, immer stärker voranschreitende, gesellschaftliche Spaltung lähmen uns und lassen uns in eine kollektive Lethargie verfallen, die wir uns im Angesicht der Dringlichkeit all unserer gegenwärtigen Probleme nicht leisten können. Somit ist dieses Gemälde als ein Weckruf zu verstehen, für mehr Bewusstsein, für einen kühlen Kopf in einer zunehmend aufgeheizten Umgebung. Dieser Konflikt, zwischen Person und thematischem Background, wird malerisch ebenfalls dadurch hervorgehoben, dass der dargestellte Charakter im Gegensatz zum kräftigen Hintergrund des Werkes nahezu zu verblassen, gar zu verschwinden droht.
Über die gesamte bisherige Werkserie hinweg verarbeite ich meine Beobachtungen und Analysen der Lebensweisen, des Verhaltens und der naiven Sehnsüchte moderner Menschen, mich selbst eingeschlossen, zu möglichst ursprünglichen, fast spielerischen Bildwelten. Ich verzichte in dieser (neo-)naiven Art der Darstellungsform, Kinderzeichnungen, oder -malereien nicht unähnlich, bewusst auf bildnerische Eindeutigkeiten und akademische Regeln, um innerhalb der Betrachtung, sowohl größtmöglichen Interpretations-, als auch Identifikations-spielraum zu ermöglichen. Ich bin überzeugt, dass bereits mit sehr einfachen Mitteln jede Art von Gefühl oder Konzept vermittelt werden kann und es insbesondere das Unperfekte und 'Falsche' vermag, Nähe und Unmittelbarkeit zu transportieren. Mit dieser Form einer fantasievollen Malerei etwas Neues zu entwerfen und so auf verspielte Art Authentizität zu erzeugen, empfinde ich doch immer ehrlicher und herausfordernder, als mit gelernter Technik das Leben zu kopieren.
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‚Ikarus" is one of the largest paintings of my current "People" series. The Icarus myth, which significantly influenced this painting in its creation, in art and pop culture a recurring theme and processed in numerous variations and for me a story of great personal importance. He is generally interpreted in such a way that the fall and subsequent death of Icarus is the punishment of the gods for him, because in his arrogance he had come too close to the sun in a high flight. However, in another interpretation, namely that of the Roman poet Ovid, the gods let Icarus die in revenge for his father Dädalus, because he had murdered his own nephew and pupil Perdix out of envy of his abilities. This topic, the child who had to die for his father's sin, served as a mental starting point for this work.
Ovid's interpretation thus proves current relevance, since our current world, on a wide variety of levels, is also permeated and shaped by a very intense generational discourse. It is the younger generation who, like Icarus, has to bear the consequences of the sins of their ancestors and therefore has to face a catastrophic future. The currently seemingly non-existent willingness for a cross-generational exchange on an equal footing - for a society of immense importance - and the resulting, increasingly advancing, social division paralyze us and let us fall into a collective lethargy that we cannot afford in the face of the urgency of all our current problems. Thus, this painting is to be understood as a wake-up call, for more awareness, for a cool head in an increasingly heated environment. This conflict, between person and thematic background, is also picturesquely emphasized by the fact that the character depicted almost fades, even threatens to disappear, in contrast to the strong background of the work.
Throughout the entire series of works so far, I process my observations and analyses of the lifestyles, behavior and naive longings of modern people, including myself, into as original, almost playful visual worlds as possible. In this (neo-) naive way of representation, children's drawings, or paintings, I do not dissimilar, consciously waive pictorial ambiguities and academic rules in order to allow both the greatest possible room for interpretation and identification within the consideration. I am convinced that even with very simple means every kind of feeling or concept can be conveyed and in particular the imperfect and 'wrong' it is able to transport closeness and immediacy. To design something new with this form of imaginative painting and thus create authenticity in a playful way, I always feel more honest and challenging than to copy life with learned technology.
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AuftragsarbeitenMaximilian Völter
> Maximilian Völter
> Geboren 1994 in Wismar, Deutschland
> Lebt und arbeitet in Bremen.
> Student der Universität Bremen
> BA Kunst-Medien-Ästhetische Bildung
> Professoren, u.a. Wolfgang Hainke (Teilnahme an der Documenta 8, Zusammenarbeit mit u.a. Richard Hamilton, Emmet Williams, u.v.m)
> Miglied beim Studenten Kunstmarkt seit 2021
Selected Exhibitions:
2021 O.S.D (solo), Bremen, DE (06 / 2021)
2021 Jahrgangsausstellung 'Druckgrafik - Radierung' (group exhibition), Universität Bremen, DE
2022 O.S.D (solo), Bremen, DE (06 / 2022)
2022 Jahrgangsausstellung 'Druckgrafik - Siebdruck' (group exhibition), Universität Bremen, DE
2022 CONTEXT Gallery (group exhibition), Venice, IT (05.07 - 25. 09 / 2022)
2022 Reverse (group exhibition), The Hidden Art Project, Oldenburg, DE (09 / 2022)
2022 YFA (group exhibition), Kunsthalle Bremen, Bremen, DE (10/22 - 01/23)
2023 ArtFest (group exhibition), Constructor University, Bremen, DE (03 / 2023)
2023 Tabularasaa (group exhibition), TSH, Groningen, NL (02.04 - 05.06. 23)
2023 O.S.D (solo), Bremen, DE (06 / 2023)
2023 Jahrgangsausstellung 'zeitgenössische Malerei' (group exhibition), Universität Bremen, DE
2023 YFA (group exhibition), Kunsthalle Bremen, Bremen, DE (21.10.23 - 07.01.24)
2024 ArtFest Bremen (group exhibition), Constructor University, Bremen, DE (04 / 2024)
2024 'Money' (group exhibition), HUB Galerie, Bremen, DE
2024 O.S.D (solo), Bremen, DE (06 / 2024)
2024 YFA (group exhibition), Kunsthalle Bremen, Bremen, DE (23.11.24 - 24.01 2025)
2025 ArtFest Bremen (group exhibition), Constructor University Bremen, DE (04 / 2025)
2025 'RANDFIGUREN' (solo), Rathausgalerie Neukloster, Neukloster, DE (05/25 - 08/25)
Artist Statement:
Malerei ist für mich kein Rückzugsraum, kein 'safe space' – sie ist Austragungsort einer Konfrontation – mit einer Welt, die überfordert, fragmentiert, unübersichtlich ist. Ein Raum der Zumutung, in dem Komplexität nicht erklärt, sondern spürbar wird. In einer Gegenwart, die von Beschleunigung, Bildüberflutung und politischer Fragmentierung geprägt ist, verstehe ich das Malen als widerständige Praxis: gegen das Glatte, das Lesbare, das Verwertbare. Ich begreife das Bild nicht als Antwort, sondern als Widerstand: gegen Eindeutigkeit, gegen dekorative Gefälligkeit, gegen die permanente Glättung der Gegenwart. Meine Bilder entstehen aus Reibung. Sie überlagern Fragmente aus politischen Bildtraditionen, Popkultur, Subkulturen, Kunstgeschichte und aktuellen Medienbildern. Diese Bildwelten kollidieren – manchmal heftig, manchmal widerwillig – ohne dass sich eine stabile Ordnung daraus ergibt. Aneignung ist für mich dabei kein distanzierter Kommentar, sondern eine Form der Verantwortung: Was ich zeige, soll nicht beruhigen, sondern befragen.
Die Figur spielt in meinen Arbeiten eine ambivalente Rolle – sie ist Störkörper und Träger zugleich. Nie ganz anwesend, nie vollständig lesbar. Sie trägt Spuren, aber offenbart keine klassischen Narrative. In ihrer Brüchigkeit wird sie zum Spiegel gesellschaftlicher wie individueller Spannungen – ein 'Dazwischen-Wesen', das sich gegen Identifikation und Zuschreibung wehrt. Ich glaube nicht an Reinheit, nicht an das autonome Bild, nicht an eine distanzierte Position. Ich glaube an Reibung. An das Nebeneinander von Schönheit und Abgründigkeit. An die Möglichkeit, in der Malerei Räume zu schaffen, die sich der sofortigen Vereinnahmung entziehen. Räume, in denen sich gesellschaftliche Spannungen abbilden, ohne dass sie gelöst werden müssen. Mich interessiert das Bild dort, wo es kippt - kompositorisch und inhaltlich. Wo Überforderung entsteht – nicht als Fehler, sondern als Qualität. Ich bin stets auf der Suche nach der Zone, in der ein Bild zu viel wird. In der es beginnt, sich gegen seine eigene Ordnung aufzulehnen. Nicht aus Lust an der Zerstörung, sondern um Raum zu schaffen für Ambivalenz, Vieldeutigkeit, Widerstand.
Malerei ist für mich Konzentration: körperlich, geistig, politisch. Sie verlangt Entscheidung, aber auch das Aushalten von Unsicherheit. Sie ist selten ein Statement, sondern öfter ein Gespräch mit einem widerspenstigen Gegenüber. Ein Raum, in dem sich Haltung nicht durch plakative Botschaften zeigt, sondern durch Beharrlichkeit: in der Geste, im Zweifel, im Weiterarbeiten – trotz allem. Was mich antreibt, ist die Frage, wie ein Bild heute noch möglich ist – angesichts der visuellen Überladung, der politischen Spannungen, der Erschöpfung. Und wie es eine Kraft entfalten kann, die nicht besänftigt, sondern konfrontiert, nicht löst, sondern aushält, nicht abschließt, sondern offen lässt – eine Kraft, die weit über Dekoration oder Marktwert hinausweist.
