Interview mit Johanna Failer

Date: March 4, 2025 06:44

Wo und was studierst du? 

Ich habe an der HfBK Dresden (und ein Jahr an der Académie Royale des Beaux Arts in Brüssel) Kunst studiert und bin seit April 2024 Doktorandin an der HfBK Hamburg. 

Wie würdest du deine Arbeiten in einem Satz zusammenfassen? 

Ich versuche die Welt in eine visuelle Ordnung zu bringen, die einer eigenen Bildlogik folgt und in der die Sinne Ruhe finden.

Mit welchen Materialen und Techniken arbeitest du am liebsten?

 Vorrangig arbeite ich in den Medien Malerei und Video - in der Malerei mit Ölfarben oder Gouache auf Leinwand bzw. Papier. Als Malerei in Bewegung verstehe ich auch meine Animationsfilme, für die ich einzelne Frames mit Aquarell, Gouache und Buntstift auf Papier male. 

Wo findest du deine Inspirationsquellen? 

In der Literatur, im Kino, in Gesprächen wie in Beobachtungen aus dem Alltag. Viele Ideen kommen auch auf dem Fahrrad. Wenn man die täglich gleichen Wege fährt, kommt der Kopf zum denken.

Wo hast du als letztes ausgestellt und wie war deine Erfahrung?

Wo hast du als letztes ausgestellt und wie war deine Erfahrung? Meine letzte Schau war eine Einzelausstellung im Centro El Soto in Madrid. Der große Ausstellungsraum erlaubte mir, meine Serie "A Place to sit", die vor allem aus vielen großformatigen Arbeiten besteht, zusammen zu zeigen. Dafür habe ich eine Ausstellungsarchitektur konzipiert, die es der/dem Besucher/in ermöglicht, sich durch die Malereien wie durch ein fiktives Haus zu bewegen. Es war unglaublich spannend, die Bilder außerhalb des Ateliers in diesem Aufbau zu sehen. 


Welche Motive sind sehr wichtig in deinen Arbeiten? 

Mehr als bestimmte Motive ist es mir wichtig, das Medium der Malerei selbst auszuschöpfen - wie kann mit einfachen Mitteln etwas dargestellt werden? Was muss nicht erzählt werden, wo bringt das Weniger an Detail ein Mehr an Gefühl? 

Die Orte die du malst - gibt es die wirklich?

 Wenn ich Kunst anderer Künstler*innen sehe, bin ich immer mehr davon überzeugt, dass wir alle in Bildern unsere Sehnsüchte ausdrücken. In meinem Fall sind es Orte des Rückzugs, wo Ruhe herrscht und wo es genügend Platz gibt. Ich bediene mich eines ganzen Archivs von Bilder aus Einrichtungs- und Designkatalogen, Magazinen und sozialen Medien. Daraus konstruiere ich auf der Leinwand Räume, die es so nicht gibt. Bei der Überlagerung und Zusammenstellung füge ich oft ein ungewohntes, störende Element ein, dass die perfekte Oberfläche ins Wanken bringt. Damit spiele ich auf eine normierte Vorstellung von zeitgenössischer Wohnkultur an, die sich im gelebten Alltag bricht. Auch die Figuren sind erfunden, inspiriert aber an bestehenden Bildern. In letzter Zeit male ich vor allem Männer - das hat zum einen mit der Überrepräsentation von Frauenkörpern in der Kunst und den Medien zu tun, zum anderen stelle ich mir einsame Männer vor, die die luxuriösen Räume meiner Bilder bewohnen. Mich fasziniert es, sie zart und verletzlich zu zeigen - es stellt sich sofort eine Verbindung zum/r Betrachtenden her. 

Architektur und Natur sind in deiner Arbeit oftmals verbunden -woher kommt das? 

Beide sprechen große Sehnsüchte an: den Wunsch nach Schutz und Geborgenheit sowie den Wunsch nach Weite und Freiheit. Außerdem ist spätestens seit der Pandemie ein gut eingerichtetes Haus mit Garten zu einer der größten Sehsüchte der jungen Generationen geworden, die in der aktuellen Prekarietät des Wohnraums gleichzeitig immer weniger realisierbar scheint. Ich male diese Träume und mache sie in der Imagination zugänglich für jede/n; hinterfrage sie aber auch. 

Welche Themen beschäftigen dich aktuell? 

Architektur, Natur, die Sphäre des Häuslichen, die ja immer auch politisch ist. Feminismus, Klassenfragen die Kluft zwischen ländlichem und städtischem Raum. Und zum Trost immer wieder angedeutete Geschichten, die uns verbinden. 


Zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler der Moderne

Wo malst du? (Zuhause, im Atelier…?) Ich bin Mitglied der Ateliergemeinschaft Estudios Retiro (@estudiosretiro) in Sevilla und täglich mit meinen Kolleg*innen vor Ort im Atelier. 

Wenn du nicht gerade malst womit beschäftigst du dich?

 Mein Alltag ist sehr aktiv; neben der Kunst und der Doktorarbeit arbeite ich als Assistentin in einer Galerie. Freie Momente nutze ich gerne, um in der Natur zu sein, zu lesen, spazieren zu gehen, und für soziale Treffen. 

Wie kamst du zu Studierenden Kunstmarkt und was sind deine Erfahrungen?

 Erich hat mich (zum Glück!) letztes Jahr angeschrieben und ich bin richtig froh, dabeizusein! Zu sehen, dass ich über den SKM plötzlich viel verkaufen kann ist eine wichtige Bekräftigung für den langen Weg, den ich als Künstlerin eingeschlagen habe, und der oft voller Zweifel ist. Von der Kunst zu leben scheint nun machbar - in dieser Erkenntnis steckt ein ungeheures Potenzial! 

Hast du eine besondere Erfahrung mit einem Kunden gemacht? 

Manche Kunden kaufen wiederholt, das freut mich natürlich. Manche folgen mir seit einem Kauf auf Instagram; und einmal hatte mir der Käufer eines sehr schönen kleinen Formats ein Foto vom Platz des Bildes in seiner Wohnung geschickt. Wir hatten daraufhin noch einen sehr herzlichen Wortwechsel. 

Möchtest du noch etwas mitteilen?

 Nie aufhören, sich mit Schönem zu umgeben - gute Filme, Bücher, Musik, Design und Kunst! 

Vielen Dank an Johanna Failer für dieses schöne Interview. Alle ihre Arbeiten findet ihr HIER.